02 März 2012

Invasion der Signalkrebse

     
Invasion der Signalkrebse

VON: ZOCHER

Signalkrebse gehören zu den Neozoen. Neozoen bzw. Neophyten sind Tier- und Pflanzenarten, die absichtlich oder zufällig durch den Menschen in Gebiete gelangt sind, die sie ohne Fremdhilfe nicht erreicht hätten und sich dann in diesen Gebieten ohne menschliche Hilfe erfolgreich fortpflanzen und ausbreiten.


Als ehrenamtlicher Krebskartierer befasse ich mich bereits seit vielen Jahren mit Krebsen. In den Gewässern in der Nähe meines Heimatortes werde ich fast durchweg mit Signalkrebsen konfrontiert. Signalkrebse gehören zu den Neozoen. Neozoen bzw. Neophyten sind Tier- und Pflanzenarten, die absichtlich oder zufällig durch den Menschen in Gebiete gelangt sind, die sie ohne Fremdhilfe nicht erreicht hätten und sich dann in diesen Gebieten ohne menschliche Hilfe erfolgreich fortpflanzen und ausbreiten. Mit der Ausbreitung von Neozoen ist leider oftmals das Verdrängen und Aussterben heimischer Arten verbunden. Daher ist auch das Aussetzen von vielen nicht heimischen Arten durch Züchter oder Liebhaber aus Aquarien oder Gartenteichen nicht erlaubt.
Berichten möchte ich hier vom Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus), der sich in den von mir untersuchten Gewässerabschnitten, fast möchte ich sagen, invasionsartig ausgebreitet hat. Manchmal, wenn die Krebsreusen schon wieder voll sind, komme ich mir vor wie in einem schlechten Film. Seit Jahren werden auf einer Strecke von unter hundert Metern tausende Signalkrebse nachgewiesen.


  

   


Wir befinden uns an einem Bach südlich von Aachen, der in die Inde mündet. Seit Jahren verbreitet sich hier der Signalkrebs, trotz zum Teil intensiver Befischung.
Es ist bekannt, dass sich die Art nicht nur als Krebspestüberträger negativ auf heimische Gewässer auswirkt, sondern auch erheblichen Einfluss auf die dortigen Lebensgemeinschaften haben kann. 2004 wurde nahe der Grenze zu Belgien zum ersten Mal diese Art nachgewiesen. Schon kurz darauf wurde dann, etwas weiter unterhalb, ein weiteres Vorkommen entdeckt, welches in den folgenden Jahren immer wieder befischt wurde, ohne dass die Fangmenge sich wesentlich reduziert hat. Eher das Gegenteil ist der Fall. Dazu aber später mehr.

Unterhalb dieser Fundstelle bis zur Mündung in die Inde und in der Inde selbst wurden zur Feststellung der Ausbreitung Kartierungsbefischungen vorgenommen. Aber erst vier Jahre später wurde, knapp einen Kilometer unterhalb, ein weiteres Vorkommen entdeckt. Im Jahr darauf musste die unterste bekannte Grenze der Verbreitung nochmals weiter, stromab, nach unten korrigiert werden. Die Fundstelle lag nun circa einen Kilometer von der Mündung des Bachs, in der Inde.
Weiter oberhalb der Einmündung des Bachs, befindet sich ein Edelkrebsvorkommen. Daher ist dieser Punkt als neuralgisch zu betrachten.
Im letzten Jahr gab es dann die große Überraschung, als in der Inde selbst, einige Kilometer unterhalb der Mündung, ein etabliertes Vorkommen festgestellt wurde, also über den letzt festgestellten Punkt hinaus. Der Fundort stimmte fast genau mit einem Reusenstandort von 2009 überein, bei dem jedoch keine Tiere nachgewiesen wurden. Ein Aufwärtswandern in Richtung der Edelkrebse konnte aber noch nicht nachgewiesen werden. Bisher wurde nur eine Ausbreitung Flußab festgestellt.

Zu beachten ist aber, dass die gemachten Beobachtungen nicht die tatsächliche Ausbreitung wiederspiegeln. Wie weit die Art sich tatsächlich ausgebreitet hat, ist nicht bekannt. Es ist jedoch erkennbar, dass sich die Art nicht gleichmäßig im Gewässer ausbreitet, sondern eher „Populationsinseln“ bildet. Das geschieht wahrscheinlich durch abgedriftete Tiere, die sich an geeigneten Standorten wiederfinden und dort reproduzieren.
Die Menge der Tiere hat sich trotz intensiver Befischung nicht reduziert, und nimmt eher zu. Lediglich die durchschnittliche Größe verringert sich. In den letzten Jahren wurden jährlich mit Reusen tausende Tiere auf einem ca. 80m langen Stück gefangen. Die Gründe für eine so hohe und unnatürlich erscheinende Dichte liegen vielleicht in den Befischungen selber, die nicht selektiv waren. Alle gefangenen Tiere wurden entnommen. Das mag beim ersten Hinsehen sinnvoll erscheinen. Aber ich vermute, dass dadurch offensichtlich die Selbstregulation der Population gestört wurde, so dass ein Massenvorkommen entstehen konnte. So ein Massenvorkommen erhöht sowohl die aktive Abwanderung, als auch die Möglichkeit der passiven Verdriftung in andere Bereiche des Gewässers und ist deshalb möglichst zu vermeiden.
Die Selbstregulation basiert auf der Konkurrenz der Männchen um Nahrung, Quartiere und Weibchen. Mit zunehmender Größe der Männchen nimmt auch der Kannibalismus zu. Werden alle gefangenen Männchen entnommen, sinkt der Effekt der Selbstregulation. Daher ist bei Maßnahmen zu überlegen, ob Männchen nicht ab einer bestimmten Größe im Gewässer verleiben sollten. Auch die rein selektive Entnahme von weiblichen Tieren könnte sinnvoll sein. An der Wupper finden im Rahmen des Edelkrebsprojekts NRW dazu Versuche statt.

Internationale wissenschaftliche Studien belegen einen hohen Einfluss des Signalkrebses auf die Lebensgemeinschaften in Fließgewässern, in denen die Tiere nicht heimisch sind. Das ist auch südlich von Aachen zu beobachten. In Strecken in denen der Signalkrebs sich schon länger etabliert hat, ist die Häufigkeit der Koppe wesentlich geringer, als in signalkrebsfreien Strecken. Auch Einflüsse auf das Makrozoobenthos sind erkennbar. Als Prädator und Nahrungskonkurrent hat der Signalkrebs Einfluss auf die Nahrungskette im Gewässer. Dazu kommt, dass die Art auch Verstecke nutzt und verteidigt, die dann anderen Tieren nicht mehr zur Verfügung stehen.
Die bisher gemachten Erfahrungen deuten darauf hin, dass Reusenbefischungen zur Feststellung der Ausbreitung in einem Fließgewässer sehr genau durchgeführt werden müssen, was eine gute Planung erfordert. Ebenfalls wurde festgestellt, dass die nicht selektive Entnahme bei Befischungen von bereits etablierten Populationen kontraproduktiv sein kann.
Ich denke, wenn die Art erstmalig in einem Gewässer nachgewiesen wird, es sinnvoll ist sich zuerst einen Überblick über die Ausbreitung und Zusammensetzung von eventuell etablierten Populationen zu verschaffen. Mit den gewonnen Erkenntnissen kann dann ein Maßnahmenplan erstellt werden. Zu empfehlen ist in jedem Fall der Kontakt zum Edelkrebsprojekt NRW. Einmal im Gewässer durch Reproduktion etabliert, ist - so glaube ich - die Art in der Regel nicht mehr zu entfernen. Dennoch sollte es möglich sein durch geeignete Maßnahmen die negativen Auswirkungen zu begrenzen und die weitere Ausbreitung zu vermindern.

1 Kommentar:

  1. Signalkrebse gefährden unseren Krebsbestand.Es ist inzwischen bekannt, dass alle per Zufall oder Absicht eingeschleusten Arten egal welcher Art in der Lage sind die einheimische Art zu verdrängen und sogar auszurotten. Ob es bei den Eichörnchen rot gegen grau oder Signal- gegen Flusskrebs geht.Man bemüht sich allenthalben Fremdeinflüsse zu vermeiden. Das ist jetzt ein Argument für bestimmte Regelungen in Sachen Fischerei.Doch-wie so oft- des einen Freud ist des anderen Leid. Im Falle der Krebse haben die Fischer (nicht die Angler) einen lohnenswerten Nebenerwerb gefunden.Sie exportieren inzwischen nach Asien.Wie aber sieht es bei den Fischen aus ? Obwohl sie sich in unseren Gewässern nicht weiter verbreitern ist es in NRW untersagt z.b. Regenbogenforellen in Fließ-gewässer einzubringen.Vereine haben jahrelang die Bachforelle geschont um einen typischen, artgerechten Bestand zu bekommen und zu erhalten.Bei uns die Rurstämmige BF.Wir,die Angler werden mit immer mehr Beschränkungen belegt. Es würde keiner Verwaltung einfallen den Jägern den Besatz an Fasanen zu verbieten. Das waren und sind auch keine einheimischen Arten. Gehen wir noch weiter zurück so muss man sich fragen wie sieht es bei Karpfen aus ? Warum also diese Maßnahme ? Wem helfen sie ? Was sollen sie erreichen ? Fragen die offen bleiben.
    RWI

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